Nistkästen in Kirchtürmen sind bei Schleiereulen, Turmfalken und Dohlen sehr beliebt. Ist das Einflugloch groß genug und
passt die Höhe des Brutplatzes, nutzen auch Wanderfalken, Uhus und sogar Nilgänse diese Nistplätze.
Als Mitglieder der AG Eulenschutz im November einen Schleiereulenkasten, der sich in etwa 30 Meter Höhe in einer Kirche
im Landkreis Hildesheim befindet, kontrollierten, staunten sie nicht schlecht. Nachdem dieser Schleiereulenkasten im Jahr 2014 eingebaut worden war, zogen in jedem Jahr Turmfalken darin ihre
Jungen groß. Doch in diesem Jahr war es den Turmfalken nicht gelungen, ihre Eier auszubrüten.
Als wir den Nistkasten öffneten, kam uns ein unangenehmer Geruch entgegen. Im Eingangsbereich des Schleiereulenkastens
befand sich ein großes Hornissennest, die Einflugöffnung in den Nistkasten war, bis auf eine kleine Öffnung für die Hornissen, komplett verschlossen. Neben dem Hornissennest lagen zwei nicht
ausgebrütete Turmfalkeneier. Die Einstreu unter dem Hornissennest sowie der Nistkasten darunter waren nass. Von dieser Feuchtigkeit kam auch der unangenehme Geruch.
Offenbar waren in diesem Jahr Hornissen in den Nistkasten eingezogen und hatten darin ihr Nest gebaut. Die Turmfalken
waren zu dieser Zeit bei der Eiablage. Sicherlich waren viele Hornissen in dem Eingangsbereich, sodass die Turmfalken schließlich die Brut aufgaben. Hornissen ernähren sich von Nektar, Baum- und
Obstsäften. Die Maden werden mit Insekten gefüttert. Unverdauliche Nahrungsreste der Hornissen und ihrer Maden werden ausgeschieden und fallen beziehungsweise tropfen unter das Nest. Dabei
handelt es sich zum Teil auch um vergorene Baumsäfte, die stark riechen. So erklären sich der Geruch und die Feuchtigkeit unter dem Hornissennest.
Ein Hornissenvolk lebt nur ein Jahr. Bis Mitte Oktober ist das Leben in dem Nest
erloschen. Nur die Jungköniginnen überleben und überwintern an einem geschützten Platz. Da Hornissennester nur ein Jahr genutzt werden, durfte das Nest entfernen werden. Wir schnitten es
aus dem Schleiereulenkasten heraus und entfernten die nasse Einstreu darunter. Nun muss der Nistkasten erst einmal gut trocknen. Anfang nächsten Jahres wird trockene Einstreu in den Kasten
eingebracht, sodass die Turmfalken ihren angestammten Brutplatz wieder beziehen können.
Bild 1: Hornissennest im Eingangsbereich des Schleiereulenkastens.
Bild 2 und 3: Zwei Turmfalkeneier liegen neben dem Hornissennest.
Bild 4: Das Hornissennest wird herausgeschnitten, das Einflugloch ist nahezu geschlossen.
Bild 5: Nach der Entfernung der feuchten Einstreu sieht man, dass auch der Boden des Kastens nass ist.
(Fotos @ A. Krueger)
Unser Waldkauzjahr 2024
Adulter Waldkauz @ Andreas Keller
Das Jahr 2024 begann für die AG Eulenschutz bei den Eulen-Notrufen mit einem besonderen Waldkauz-Erlebnis und endete
auch mit einem solchen. Im April wurde bei uns der Fund eines jungen Waldkauzes gemeldet, im September wurde ein adulter Waldkauz gefunden, der offenbar krank war. Beide Vögel wurden
zur Kontrolle in die TiHo nach Hannover gebracht. Im Mai fielen die Reste eines Waldkauzes von einem Dach und Anfang September halfen wir einem Waldkauzpaar dabei, seine angestammte
Baumhöhle zu behalten.
Die ganze „Waldkauz-Geschichte“ können Sie in der PDF-Datei: „AGEulenschutz: Waldkäuze 2024“ nachlesen.
Einladung zur "Spurensuche" und Gewölle-Untersuchung
Schleiereule mit Beute @ W. Joss
Die AG Eulenschutz lädt am Montag, dem 04. November ab 18:30 Uhr zu einem "Eulen-Abend" ein:
Die „Spuren“ der Eulen – Untersuchung von Gewöllen
Welche Spuren deuten auf Eulen hin? Da die meisten der bei uns lebenden Eulen nachtaktiv sind, wollen wir schauen, welche
Beobachtungen auf die Anwesenheit von Eulen hindeuten. Ein Indiz dafür sind Gewölle-Funde. Wir wollen untersuchen, welche Informationen sich Eulengewöllen entnehmen lassen. Dazu hat jeder
Gelegenheit, einige Gewölle genauer zu analysieren.
Treffpunkt ist das NABU-Büro in 31134 Hildesheim, Braunschweiger Straße 23. Bitte melden Sie
sichbis zum 01. Novemberan bei Angelika Krueger unter
angelika.krueger@nabu-hildesheim.eu.
Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos. Wir freuen uns über eine Spende für den
Eulenschutz!
September 2024
Hilfe für Waldkäuze in Wohnungsnot
„Unsere“ Waldkäuze auf ihrem Baum @ A. Keller
Waldkäuze sind standorttreu und lassen sich gut beobachten, wenn man weiß, wo sie ihren Tageseinstand haben. Deshalb
wissen wir, dass seit mehreren Jahren ein Waldkauzpaar eine Höhle in einem abgebrochenen Baum in einem Waldgebiet nahe Hildesheim bewohnt und dort in jedem Jahr seinen Nachwuchs aufzieht.
Zu Beginn dieses Jahres haben die Niedersächsischen Landesforsten damit begonnen, Baumfällarbeiten
in diesem Waldgebiet durchzuführen. Wir befürchteten, dass auch das Domizil unseres Waldkauzpaares von den Fällarbeiten betroffen sein könnte und nahmen Kontakt zum Forstamt auf. Bei einem
gemeinsamen Treffen vor Ort wurde uns versichert, dass der Brutbaum der Käuze in jedem Fall stehen bleiben wird. Dies gilt auch für weitere Bäume im Umkreis, um das Waldkauzpaar dort nicht zu
vertreiben. Da der zersplitterte und bereits abgestorbene Baum, den die Käuze bewohnen, schon einige Trockenrisse aufweist, ist zu befürchten, dass die Baumhöhle in absehbarer Zeit für die Käuze
nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Deshalb montierten wir mit Genehmigung des Forstamtes in der Nähe des Brutbaums einen neuen, geräumigen Waldkauz-Nistkasten. Dieser Nistplatz hat mit
Sicherheit den Vorteil, dass er auch bei Regen trocken bleibt. Ob die Käuze das auch so sehen? Wir werden
es beobachten!
Bild 3: Andy Keller und Otmar Kiehne bei der Montage des Waldkauzkastens,
Bild 4: Neuer Nistkasten. [Fotos @ A. Krueger]
West-Nil-Virus bei Waldkauz nachgewiesen
Waldkauz @ J. Heinrich
Anfang September wurde in der Hildesheimer Region erstmals das West-Nil-Virus als Todesursache bei einem Waldkauz festgestellt. Der flugunfähig aufgefundene Kauz
wurde zur Behandlung in die TiHo nach Hannover gebracht. Dort starb er innerhalb weniger Tage. Vermutet wurde eine Infektionskrankheit. Bestätigung brachte der Nachweis des West-Nil-Virus als Krankheitserreger.
Das bisher in Niedersachsen nicht nachgewiesene Virus wird durch blutsaugende Stechmückenübertragen, Tiere untereinander können sich nicht anstecken. Bisher wurde das aus Afrika stammende Virus vor allem in Südeuropa als Todesursache von
Greifvögeln, Eulen und Rabenvögeln festgestellt. Durch die Klimaerwärmung ist das Virus seit 2018 auch in Deutschland angekommen. Es wurde vorwiegend in einigen ostdeutschen Bundesländern
nachgewiesen. An Vögeln infizierte Mücken können das Virus aber auch auf Menschen und Säugetiere, vor allem Pferde, übertragen. Infektionen mit dem West-Nil-Virus können zu gesundheitlichen
Problemen und in seltenen Fällen zum Tode führen.
Menschen wird empfohlen, sich wirksam gegen Mückenstiche zu schützen und Gebiete mit vielen Mücken, zum Beispiel mit stehenden Gewässern, zu meiden. Sollten Sie
eine tote Eule oder einen toten Greifvogel finden, fassen Sie den Vogel nicht an und melden Sie den Fund beim Veterinäramt Hildesheim (Telefon 05121 309111).
Genauere Informationen zum West-Nil-Virus und die Gefährdung von Menschen und Tieren finden Sie zum Beispiel hier:
Schleiereulen haben es auch in diesem Jahr nicht leicht
Schleiereule @ LBV
In der Hildesheimer Region haben die Schleiereulen in diesem Jahr erst relativ spät mit der Brut begonnen. Offenbar gab es nicht genügend Mäuse, denn die Eulen
beginnen erst dann zu brüten, wenn der Mäusebestand auch für den Nachwuchs reicht. Ebenso richtet sich die Größe des Geleges nach der Versorgungslage. Auch die diesjährigen Nistkastenkontrollen
bestätigten den Mangel an Mäusen. Vier Eulenküken in den Nistkästen waren viel, meist waren es nur zwei oder drei kleine Eulen. In guten Mäusejahren haben Schleiereulen häufig sechs bis neun
Küken pro Brut. Darüber sind wir sehr besorgt!
Auch in den anderen Landkreisen scheint es nicht besser auszusehen. So veröffentlichte der NABU Niedersachsen am 15. August 2024 folgende
Pressemitteilung:
Wetter gefährdet Bruterfolg der
Schleiereulen
Starkregen erschwert Nahrungssuche und Aufzucht der Jungtiere
Hannover– Im Landkreis Uelzen zählte Waldemar Golnik vom NABU Uelzen in diesem Jahr 109 Schleiereulenbruten. 14 davon
blieben erfolglos. Das liegt weit unter dem Durchschnitt der letzten Jahre. „So ein dramatisches Eulensterben habe ich in fast 40 Jahren Schleiereulenschutz noch nicht erlebt“, berichtet
Golnik.
„Direkt nach dem Schlüpfen habe ich oft vier bis fünf Junge pro Nest gezählt, aber als ich nach einigen Wochen zum Beringen
zurückkam, hatte oft nur noch ein Junges pro Nest überlebt. Besonders erschütternd war, dass in einigen Fällen das Gelege ganz aufgegeben wurde. Häufig waren die geschlüpften Jungen bei der
späteren Beringung einfach verschwunden. Ich vermute, dass die Altvögel in ihrer Verzweiflung, keine Nahrung zu finden, ihre eigenen Jungen gefressen haben. Meine Kolleg*innen aus dem Landkreis
machen ähnliche Erfahrungen - das bereitet mir große Sorgen.“
Golnik führt die Misere auf die
ungewöhnlich starken Regenfälle in diesem Jahr zurück: „Die Bauern konnten ihre Wiesen lange nicht mähen, weil der Boden zu nass war. Das Gras wuchs ungehindert in die Höhe, was die Jagd für die
Schleiereulen fast unmöglich machte." Als nachtaktive Jäger sind Schleiereulen auf Wiesen und Weiden unterwegs, wo sie vor allem Wühl- und Spitzmäuse erbeuten. Andere Eulenarten sind vielseitiger
und fressenauchKäfer oder Vögel, aber die Schleiereule ist zu 90 Prozent von Mäusen abhängig. Golnik fährt
fort: „Viele Mäuse sind in den unterirdischen Gängen ertrunken“. Die Folgen schildert er eindrücklich: „Der starke Rückgang der Mäuse macht sich sofort bemerkbar. Nach einem Unwetter habe ich in
einem Nest, in dem vorher vier bis fünf Junge saßen, nur noch ein Junges ausmachen können. In einigen Fällen waren die verbliebenen Küken gezwungen, ihre toten Geschwister zu fressen, um selbst
zu überleben. Das erklärt, warum selbst bei erfolgreichen Bruten so wenige Junge durchkommen.”
Dies sind die Zahlen der vergangenen Jahre für den Raum Uelzen:
Obwohl die Schleiereule derzeit als nicht gefährdet gilt, warnt Bärbel Rogoschik, Leiterin des NABU-Artenschutzzentrums Leiferde:
„Schleiereulen reagieren extrem empfindlich auf schwankendes Nahrungsangebot. Sie können keine Fettreserven anlegen und sind deshalb darauf angewiesen, regelmäßig Nahrung zu finden. Sie sind
somit gefährdeter als andere Arten“.
Juli 2024
Artenschutz in alten Mauern – auch für Eulen
Nicht mehr für die Energieversorgung genutzte Trafohäuser werden vielerorts abgerissen. Dabei bieten
alte Gebäude einen idealen Lebensraum für verschiedene Tiere. Das dachten sich auch Mitglieder des NABU Hildesheim, als im Jahr 2019 die beiden im Despetal gelegenen Trafostationen in
Eberholzen und Möllensen ausgedient hatten und vom Überlandwerk Leinetal (ÜWL) nicht mehr benötigt wurden. Man einigte sich darauf, dass der NABU die beiden Trafostationen vom ÜWL
übernehmen und für den Artenschutz umbauen konnte. Dies war für beide Vertragspartner eine Win-win-Situation, denn das Überlandwerk sparte auf diese Weise die Abrisskosten der Gebäude und der
NABU
kann sie für Naturschutzzwecke nutzen. Wichtig war, dass auch die Grundstücke, auf denen die Trafohäuser stehen, auf den NABU übertragen wurden.
Bereits im März 2021 konnte die Arbeitsgemeinschaft Eulenschutz, die die Betreuung der alten Trafostation in
Eberholzen übernommen hatte, mit der Einrichtung der Nistplätze beginnen.
Alte Trafostation in Eberholzen
So wurden künstliche Schwalben-nester, Mauerseglerkästen, Nist-kästen für Höhlenbrüter wie Meisen, Stare, Rotschwänzchen und Sperlinge montiert. Unter dem Dach der alten
Trafostation hatten bereits seit mehreren Jahren Sperlinge und Stare ihre Kinderstuben.Auch Schleiereulen sollten hier ein Zuhause
finden. Dafür wurde die obere Etage der Trafostation für Schleiereulen ausgebaut:
Ein Spatzenhotel wird montiert
Durch ein Einflugloch können die Eulen in das Innere des Trafohäuschens gelangen. Schleiereulen, aber auch Waldkäuze, finden dort einen ungestörten Platz, um den Tag zu verschlafen, und auch einen Nistkasten, in
dem sie brüten können. Verschiedene Sitzstangen wurden montiert und der Boden mit Stroh ausgelegt, sodass der Eulennachwuchs weich fällt.
Einflugloch in die "Eulen-Suite"
Schleiereulenkasten im Inneren der Trafostation
Die Übernahme des Trafoturms in Möllensen verlief nicht so reibungslos, weil das Grundstück,
auf dem die Station steht, nicht Eigentum des ÜWL, sondern der Gemeinde Sibbesse war. Bis die Modalitäten geklärt, das Grundstück vermessen und die notarielle Beglaubigung der Übernahme durch den
NABU unter Dach und Fach war, dauerte es weitere zwei Jahre. Ende 2023 konnte der NABU das auf einem Hügel stehende Möllenser Trafohaus endlich sein Eigen nennen. Inzwischen haben die Arbeiten
für die Umgestaltung begonnen. Eine Interessengruppe aus Möllensen, die sich besonders für den Erhalt des alten Trafohäuschens eingesetzt hatte, wird sich zukünftig in Absprache mit dem NABU um
die Gestaltung und den Erhalt des Gebäudes kümmern. Geplant ist zunächst den Innenraum der Trafostation umzubauen. An der Außenfassade sollen Unterschlupfmöglichkeiten für Fledermäuse geschaffen
und diverse Nistkästen montiert werden. Auch Turmfalken und Schleiereulen sollen hier ein Zuhause finden.
Trafohäuschen in Möllensen
Natürlich sind die Arbeiten, auch am Trafohäuschen in Eberholzen, noch nicht abgeschlossen. Für den Artenschutz lässt
sich an alten Gemäuern immer etwas tun.
[Alle Fotos: Angelika Krueger]
Juni 2024
Steinkäuze leben gefährlich
Steinkauz im Eingang seines Nistkastens @ J. Heinrich
Der Steinkauz (Athena noctua) steht in Deutschland auf der Roten Liste. Er gehört zu den als „gefährdet“ eingestuften
Vogelarten. Gründe für den Rückgang der Bestände sind der Verlust des Lebensraums und der Brutmöglichkeiten. Der etwa amselgroße, kleine Kauz besiedelt als Kulturfolger bäuerliche, reich
strukturierte Kulturlandschaften mit Dauergrünland, alten Obstbaumbeständen und heckenumsäumten Viehweiden. Hier findet er als typischer Bodenjäger ausreichend Kleinsäuger, große Insekten und
Regenwürmer, die den Hauptteil seiner Nahrung ausmachen. Solche Lebensräume finden Steinkäuze leider immer weniger. Ebenso sind geeignete Baumhöhlen als Nistplätze, z.B. in Hochstammobstbäumen
oder in alten Kopfweiden, selten geworden. Hier kann man die kleinen Eulen aber mit speziellen Nisthilfen unterstützen. So werden Steinkauzröhren, die in Bäumen oder auch an Scheunen befestigt
werden, gerne von den Käuzen angenommen.
Im Hildesheimer Raum wurden die letzten Steinkauzbruten in den 1980er Jahren registriert. Die AG
Eulenschutz arbeitet daran, die kleinen Eulen bei uns wieder heimisch zu machen. Dafür werden Steinkauzröhren in geeigneten Lebensräumen montiert und kontrolliert. Da seit zwei Jahren ein
Steinkauzpaar in etwa 19 km Entfernung von unserer Landkreisgrenze brütet, besteht durchaus Hoffnung. Sie können uns helfen: Unter
„Steinkäuze gesucht“ bitten wir um Meldungen, wenn ein Kauz gesehen oder gehört wird.
Gerhard Neuhaus, der in der Region Minden-Lübbecke lebt, kümmert sich seit mehr als 20 Jahren um den Steinkauzbestand in seiner Region. Dort, wo Steinkäuze rufen, werden Niströhren montiert.
Diese werden von ihm intensiv beobachtet und kontrolliert. Durch die Beringung der Käuze hat Gerhard Neuhaus stets die Möglichkeit festzustellen, wo sich „seine Käuze“ aufhalten oder, ob es
Neuzugänge gibt. Dabei musste er über die Jahre immer wieder erleben, dass die kleinen Eulen ein risikoreiches Leben führen.
Anschaulich beschreibt Gerhard Neuhaus das in seinem Bericht: „Die Lebensgeschichte eines Steinkauzes“, bei dem es um ein Steinkauzweibchens mit der Ringnummer4428384 geht. Sie können die spannende Geschichte in der PDF-Datei (siehe unten)
nachlesen.
Wer in diesen Tagen den Turm der Hildesheimer St. Andreaskirche aufmerksam betrachtet, kann mit etwas Glück einen
Wanderfalken beobachten, wie er den Turm umkreist und in 100 Meter Höhe eine Öffnung des Turms anfliegt (s. Fotos unten). Hinter dieser Öffnung befindet sich ein Nistkasten, den die Wanderfalken
seit 2009 in jedem Jahr zum Brüten genutzt haben, so auch in diesem Jahr.
Wanderfalken (Falco peregrinus) sind beeindruckende Greifvögel. Sie sind bekannt durch ihre rasanten Flugmanöver, mit
denen sie ihrer Beute hinterherjagen - vor allem Tauben, aber auch Staren, Drosseln sowie allen möglichen Singvögeln bis zur Größe von Rabenvögeln und Möwen. Dabei erreichen sie im Horizontalflug
Spitzengeschwindigkeiten bis zu 150 km/h, im Sturzflug sogar 320 km/h. Sie sind damit die schnellsten Vögel auf der Erde. Dieser größte Vertreter der Familie der Falkenartigen ist als
Felsenbrüter bekannt, nutzt aber auch hohe Gebäude mit freiem Anflug des Brutplatzes, so wie es der Turm der Andreaskirche bietet.
Seit 2022 wird der Nistkasten der Wanderfalken in Absprache mit der Kirchengemeinde von der Arbeitsgruppe Eulenschutz
des NABU Hildesheim betreut. Im Rahmen mehrerer Turmbesteigungen wurde die nicht mehr funktionsfähige Kamera des Nistkastens demontiert, der Kasten neu ausgerichtet, gegen Sturm gesichert und
gründlich gereinigt. Wir berichteten zuletzt in unseren EULEN-NACHRICHTEN im Februar 2024 darüber. Um den Falken in die Kinderstube schauen zu können, ohne die
scheuen Vögel zu stören, wurde eine neue Kamera montiert, die seit März 2024 Videos aufnimmt und abspeichert.
Ab dem 07. März hielt sich das Wanderfalkenweibchen kontinuierlich im Nistkasten auf. Nach der Eiablage begann es zu
brüten. Am 17. April war ein Küken zu sehen, das gefüttert wurde. Sieben Tage später, am 24. April, übertrug die Kamera Bilder von vier hungrigen Wanderfalkenküken, die noch weiß wie
Wattebällchen aussahen. Jetzt Anfang Mai sind die Kleinen schon deutlich gewachsen. Ab Mitte Mai werden die Jungfalken den Nistkasten verlassen, werden aber weiterhin von den Altvögeln gefüttert.
Ab Ende Juli / Anfang August verlassen sie das elterliche Revier.
In Kooperation mit Schülern der Robert-Bosch-Gesamtschule arbeiten wir an einer Video-Dokumentation über die Brut der
Wanderfalken. Wir freuen uns sehr darüber, dass diese rasanten Himmelsjäger
auch in diesem Jahr erfolgreich in Hildesheim gebrütet haben! Die Fotos „unserer Wanderfalken“ am Andreasturm sind Carsten Winter gelungen (siehe unten).
April 2024
EULEN-RUNDBLICK 74-1/2024: Sonderheft erschienen
Anlässlich des 80sten Geburtstages von Dr. habil. Wolfgang Scherzinger am 20. Januar 2024 hat die Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Eulen (AG Eulen e.V.)
ein Sonderheft aufgelegt.
Auf dem Cover sind alle 13 Europäischen Eulenarten abgebildet. Diese hat Wolfgang Scherzinger gemeinsam mit Theodor Mebs in dem viel beachteten, detailreichen Buch
„Die Eulen Europas“ (3. Auflage 2020 erschienen im Kosmos-Verlag) beschrieben. Wolfgang Scherzinger ist Naturschützer, Waldökologe, Tier- und Pflanzengärtner. Zu seiner tiefgehenden
Kenntnis der Eulen gelangte er sowohl durch Untersuchungen im Freiland als auch in Gefangenschaft. So gelangen ihm die Nachzuchten von 16 Eulenarten. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse mündeten
in eine große Anzahl von Publikationen. Wolfgang Scherzinger war auch an der Wiederansiedlung von Uhu und Habichtskauz beteiligt.
Im Jahr 2013 bekam er den „World Owl Hall of Fame’s Champion of Owls“-Preis verliehen, weil er geholfen hat, die Welt zu einem besseren Ort für Eulen zu
machen.
In dem 116 Seiten umfassenden Sonderheft werden sehr interessante Artikel zu Schleiereule, Uhu, Schnee-Eule,
Habichtskauz, Waldkauz, Waldohreule, Sperlingskauz und Raufußkauz veröffentlicht.
Der EULEN RUNDBLICK erscheint in der Regel einmal im Jahr. Er enthält aktuelle Originalbeiträge,
Fachberichte und Informationen über Biologie und Schutz der Eulen. Bei Interesse können Sie den EULEN RUNDBLICK abonnieren. Das Jahresabonnement kostet 15 Euro einschließlich Porto und
Versandkosten. Bestellungen sind zu richten an:
Foto 1: Brütendes Waldkauzweibchen @ Webcam Beleef de Lente
Wie sieht es am 20. März, zu Frühlingsbeginn, bei den Eulen mit der Familienplanung aus?
Die Waldkäuze (Strix aluco) sind meist am schnellsten. So wird es auch in diesem
Jahr gewesen sein. Da wir keinen strengen Winter mit tiefen Temperaturen hatten, haben die Käuze bereits vor gut einem Monat mit der Eiablage und dem Brüten begonnen. Die ersten Waldkauzküken
dürften schon geschlüpft sein (siehe Foto 1). Zwar sieht man die Kleinen auf dem Bild noch nicht, aber die vielen Mäuse im Nistkasten deuten darauf hin. Denn sobald der Schlupf beginnt, bringt
das Waldkauzmännchen ausreichend Futter, um die Versorgung für den Nachwuchs zu sichern.
Auch die meisten Uhupaare (Bubo bubo) sind bereits seit etwa drei Wochen mit dem Brutgeschäft beschäftigt. Ebenso
wie die Waldkauz-weibchen sitzen die Uhu-weibchen fest auf ihren Eiern, egal ob es stürmt, regnet oder schneit (s. Foto 2). Das Männchen ist für die Nahrungs-versorgung des Weibchens zuständig.
Das Nest verlässt das Uhuweibchen nur kurz, um zu fressen oder Kot abzusetzen. Mit dem Schlupf der Uhuküken Foto 2: Brütendes Uhuweibchen in Haselünne @ A. Schüring
ist meist Ende März zu rechnen
Und die Schleiereulen (Tyto alba)? Hier wissen wir aus unserer Region, dass sich die Schleiereulenpaare an ihren
Brutplätzen, also in den Nistkästen, aufhalten. Diese werden gegen Eindringlinge vehement verteidigt, gleich ob Turmfalke, Dohle oder auch eine dritte Schleiereule. (Wie ein Eulenpaar auf den
Besuch einer dritten Eule reagiert, ist in diesem Video zu sehen
>.) Bei den Schleiereulen erfolgt die Eiablage, wenn es genügend Mäuse gibt. Laut Aussage einiger Landwirte gibt es in diesem Jahr trotz der Überschwemmungen im Januar und
Februar viele Mäuse. Das lässt hoffen!
Die Waldohreulen (Asio otus) haben ihre Wintergemeinschaften jetzt verlassen. Ihre Balzrufe sind schon seit
einem Monat gut zu hören. Nach der Paarbildung machen sie sich jetzt auf die Suche nach einem geeigneten Brutplatz. Das sind alte, nicht mehr benutzte Nester von Krähen und Elstern, die sich
zumeist in hohen, dicht belaubten Bäumen oder Nadelbäumen befinden. Die Waldohreulen machen es ebenso wie die Schleiereulen, sie warten auf ausreichend Mäuse, um dann mit dem Brutgeschäft zu
beginnen.
Auch die Steinkäuze (Athene noctua) lassen sich noch etwas Zeit mit der Eiablage. Oft verschlafen Männchen und
Weibchen gemeinsam die Tage in den Nistkästen (s. Foto 3), um dann nachts auf Futtersuche zu gehen.
Foto 3: Ein Steinkauzpaar in einem Nistkasten. @ Webcam Beleef de
Lente
In einem Nistkasten in Hildesheim wird bereits gebrütet. Zwar handelt es sich hier nicht um eine Eule, aber auch um
einen Greifvogel: Die Wanderfalken (Falcoperegrinus) im Andreasturm haben vor etwa zwei Wochen mit der Brut begonnen. Seit März gibt es die Möglichkeit einer Kameraüberwachung des
Nistkastens.
Februar 2024
Frühjahrsputz in den Nistkästen – Auch bei den Falken
Wanderfalkenweibchen an einer Kirche @ J. Heinrich.
Spätestens im Februar sollten die Nistkästen und Nistplätze der Vögel kontrolliert und gereinigt
werden. Dies gilt nicht nur für die Höhlenbrüterkästen von Meise, Kleiber, Star und Co, sondern auch für die Brutplätze in Kirchen und Kirchtürmen. Mitglieder der AG Eulenschutz hatten bereits
Ende letzten Jahres damit begonnen, die Schleiereulenkästen in den Kirchen zu inspizieren und gegebenenfalls zu reinigen. Die Schleiereulen-Nistkästen werden nicht selten auch fremdbelegt.
Turmfalken und Dohlen ziehen darin gern ihre Jungen auf. Die Brutplätze von Schleiereulen und Turmfalken müssen nicht jedes Jahr sauber gemacht werden, da die Vögel keine Nester bauen und
auch nach der Brut relativ wenig Hinterlassenschaften der Vögel zurückbleiben.
Anders ist es bei den Dohlen. Sie bauen in die Nistkästen ein Nest aus Stöcken und Zweigen und
brüten dann in einer Brutmulde auf diesem „Holzberg“ (s. Foto links). Eine Nachmieterin, wie z.B. die Schleiereule, hätte es in einem solchen Nistkasten schwer, erfolgreich ihre Eier auszubrüten.
Deshalb sollten die von Dohlen belegten Nistkästen ausgeräumt werden.
Dohlennest mit
Küken in einem Schleiereulenkasten @ A. Krueger
In diesem Jahr gab es zwei besondere „Frühjahrsputz-Aktionen“ in HildesheimerKirchtürmen: Der
Wanderfalken-Nistkasten im Turm der Andreaskirche und die Nistplätze derTurmfalken an St. Michaelis.
Im Turm der Andreaskirche brüten seit einigen Jahren Wanderfalken in einem eigens für Falken eingebauten
Nistkasten in ca. 100 Meter Höhe. Zunächst brüteten darin Turmfalken, dann übernahmen die größeren Verwandten, die Wanderfalken, den Nistplatz. Wie auch im letzten Jahr (siehe EULEN-NACHRICHTEN Januar 2023 >) kletterten Mitglieder unserer AG zum Nistkasten hinauf und säuberten ihn von den Beuteresten des
vergangenen Jahres (s. Fotos unten). Das Wanderfalkenpaar war vor Ort und beobachtete das Geschehen. Deshalb kann man auch in diesem Jahr davon ausgehen, dass es in Hildesheim
Wanderfalkennachwuchs geben wird.
Vor der Reinigung: der Wanderfalkenkasten (li.) und der "Balkon" vor dem Kasten (re.). Fotos @ G. Schluhe
Junge Turmfalken an St. Michaelis 2021. @ A. Kaufhold
Die Michaeliskirche ist schon seit vielen Jahren das Domizil der Turmfalken. Sie brüten dort in einer Mauernische
des Kirchturms. Da im letzten Jahr ein noch flugunfähiger, junger Turmfalke an der Kirche aufgefunden und in die Artenaufzuchtstation nach Leiferde gebracht werden musste, nahmen wir Kontakt zu
den Kirchenvertretern von St. Michaelis auf und boten unsere Hilfe an. Tatsächlich gibt es in zwei Kirchtürmen der Michaeliskirche je einen Brutplatz. Beide wurden von den Falken in den letzten
Jahren genutzt. Offenbar aber nicht nur von ihnen, denn in beiden Mauernischen häufte sich Nistmaterial. Vermutlich haben auch Tauben wiederholt diese Nistplätze belegt und ihr Nistmaterial, das
aus Zweigen und Stöcken besteht, eingetragen. Einer der beiden Brutplätze war völlig zugestopft (s. Fotos unten). Beide Mauernischen wurden geleert und gereinigt und stehen den Turmfalken
nun wieder zur Verfügung. Wir hoffen, dass die Jungfalken jetzt wieder genügend Platz haben und sind gespannt, welche der beiden Mauernischen die Falken präferieren!
Mauernische im Turm der Michaeliskirche links vor und rechts nach der Reinigung @ A. Krueger
Januar 2024
Die Hildesheimer ORNITHOLOGISCHE DREIFALTIGKEIT
Bild 1: Junge Turmfalken @ M. Weinhold, Bild 2: Wanderfalke beim Füttern @ Webcam Marienkirche Minden,
Bild 3: Uhu am Mariendom @ J. Achtzehn.
„Dreifaltigkeit“ bedeutet nach dem christlichen Glauben, dass Gott zugleich Vater, Sohn und Heiliger Geist ist. In
Hildesheim spricht man im Naturschutz von der „Ornithologischen Dreifaltigkeit“. Gemeint ist damit, dass drei verschiedene Greifvogelarten wiederholt an Hildesheimer Kirchen gebrütet haben:
Turmfalken an St. Michaelis, Wanderfalken an St. Andreas und Uhus am Mariendom.
So war es auch im letzten Jahr 2023: Die Turmfalken bezogen eine Mauernische in einem Turm der Michaeliskirche und zogen
dort ihre Jungen auf. Auch die Brut der Wanderfalken in einem Nistkasten im Andreasturm in 100 Meter Höhe war erfolgreich. Zwei Jungfalken wurden beobachtet, vermutlich ein Weibchen und ein
Männchen. Am Mariendom brütete ein Uhupaar in einem großen Nistkasten im Westwerk des Doms. An diesen Nistplatz waren die Uhus 2023 zurückgekehrt, nachdem sie in dem Jahr zuvor an der St.
Lambertikirche gebrütet hatten und der für Uhubruten ungeeignete Nistkasten im Turm der Lambertikirche im Herbst 2022 geschlossen worden war (s. Nachrichten im September 2022 >). Doch leider scheiterte die Uhubrut 2023 am Mariendom. Es schlüpften keine Jungvögel.
Wird es in diesem Jahr die „Ornithologische Dreifaltigkeit“ in Hildesheim noch geben?
Während die Nistplätze für die Turmfalken an St. Michaelis und für die Wanderfalken an St. Andreas kontrolliert wurden
und für die nächste Brutsaison bezugsfertig sind, haben die Domverantwortlichen den großen Nistkasten im Westwerk des Mariendoms geschlossen. Der Grund dafür ist nicht bekannt. Ob die Uhus
den zweiten Nistkasten am Dom, der sich über dem doppelstöckigen Kreuzgang befindet, beziehen werden, ist fraglich. Uhus sind sehr standorttreu. Sie werden sich also in Hildesheim einen anderen
Brutplatz suchen müssen. Hoffentlich einen Nistplatz, der sowohl für die Brut als auch den Uhunachwuchs geeignet ist!